Über die Verbindung von Aristotelismus und Eklektizismus hat sich Romanus Teller (+1692) in einer Dissertation geäußert. Nicht von ungefähr beschäftigte sich dann der Eklektikhistoriker Michael Albrecht mit Tellers Argumenten, denn dieser betrachtete die philosophia eclectica als Verbesserung des Aristotelismus und meinte, die Aristoteliker der Neuzeit müßten sich als Eklektiker verstehen. Mit dieser Argumentation, legt Albrecht dar, wurde die Offenheit des Aristotelismus genutzt, um ihm die Eklektik als allgemeingültige philosophische Haltung vor die Nase zu setzen. Andererseits konnte die Eklektik die Aristoteliker in ihrem Philosophieren bestätigen. Albrecht beschreibt die Lage so: „Hätte man z.B. Jakob Thomasius gefragt, ob er Eklektiker sei, hätte er wohl mit einem ‚Nein – aber’ antworten müssen, denn er war ein Aristoteliker, der – aus der Tradition des Aristotelismus heraus – die Idee der Eklektik für erlaubt hielt. Teller benutzte diese weiche Stelle, und er stieß kräftig hinein. Stellt man Teller indes auf den Boden des von ihm so hochgeschätzten Aristotelismus, dann war es dieser selber, der sich als eklektisch definierte; der die Chance ergriff, mit Hilfe der Idee der Eklektik einen ‚auswählend’ durchforsteten Aristotelismus gegen andere Alternativen wie z.B. den Cartesianismus, von dem bei Teller nicht die Rede ist (der aber beim Skeptizismus mitgemeint ist), über die Zeiten hinweg zu retten.“ Im Anschluß an Albrechts Bemerkung möchte ich das geistige Leben in Königsberg während des zweiten Jahrhunderts des Bestehens der Alma Albertina unter Verwendung der beiden philosophiehistorischen Kategorien Aristotelismus und Eklektik umreißen. Im ersten Teil werde ich hinsichtlich der philosophischen Lehrstühle kurz auf die Statuten eingehen. Teil zwei wird sich mit Abraham Calov, Christian Dreier, Melchior Zeidler und Andreas Hedio beschäftigen, die alle dem Cartesianismus noch weitgehend fern standen. Teil drei wird Paul Rabe vorbehalten werden, der zwar Descartes mitberücksichtigte, Locke aber noch nicht erwähnte. Im vierten Teil werde ich das definitive Verschmelzen des Königsberger Aristotelismus mit der philosophia eclectica beschreiben und im fünften und letzten Teil werde ich kurz auf die Konsequenzen eingehen, die Aristotelismus und Eklektik als die zwei tragenden Säulen der Königsberger Traditionsgeschichte für die Genese der Kantischen Philosophie hatten.
Aristotelismus und Eklektik in Königsberg
POZZO, Riccardo
2008-01-01
Abstract
Über die Verbindung von Aristotelismus und Eklektizismus hat sich Romanus Teller (+1692) in einer Dissertation geäußert. Nicht von ungefähr beschäftigte sich dann der Eklektikhistoriker Michael Albrecht mit Tellers Argumenten, denn dieser betrachtete die philosophia eclectica als Verbesserung des Aristotelismus und meinte, die Aristoteliker der Neuzeit müßten sich als Eklektiker verstehen. Mit dieser Argumentation, legt Albrecht dar, wurde die Offenheit des Aristotelismus genutzt, um ihm die Eklektik als allgemeingültige philosophische Haltung vor die Nase zu setzen. Andererseits konnte die Eklektik die Aristoteliker in ihrem Philosophieren bestätigen. Albrecht beschreibt die Lage so: „Hätte man z.B. Jakob Thomasius gefragt, ob er Eklektiker sei, hätte er wohl mit einem ‚Nein – aber’ antworten müssen, denn er war ein Aristoteliker, der – aus der Tradition des Aristotelismus heraus – die Idee der Eklektik für erlaubt hielt. Teller benutzte diese weiche Stelle, und er stieß kräftig hinein. Stellt man Teller indes auf den Boden des von ihm so hochgeschätzten Aristotelismus, dann war es dieser selber, der sich als eklektisch definierte; der die Chance ergriff, mit Hilfe der Idee der Eklektik einen ‚auswählend’ durchforsteten Aristotelismus gegen andere Alternativen wie z.B. den Cartesianismus, von dem bei Teller nicht die Rede ist (der aber beim Skeptizismus mitgemeint ist), über die Zeiten hinweg zu retten.“ Im Anschluß an Albrechts Bemerkung möchte ich das geistige Leben in Königsberg während des zweiten Jahrhunderts des Bestehens der Alma Albertina unter Verwendung der beiden philosophiehistorischen Kategorien Aristotelismus und Eklektik umreißen. Im ersten Teil werde ich hinsichtlich der philosophischen Lehrstühle kurz auf die Statuten eingehen. Teil zwei wird sich mit Abraham Calov, Christian Dreier, Melchior Zeidler und Andreas Hedio beschäftigen, die alle dem Cartesianismus noch weitgehend fern standen. Teil drei wird Paul Rabe vorbehalten werden, der zwar Descartes mitberücksichtigte, Locke aber noch nicht erwähnte. Im vierten Teil werde ich das definitive Verschmelzen des Königsberger Aristotelismus mit der philosophia eclectica beschreiben und im fünften und letzten Teil werde ich kurz auf die Konsequenzen eingehen, die Aristotelismus und Eklektik als die zwei tragenden Säulen der Königsberger Traditionsgeschichte für die Genese der Kantischen Philosophie hatten.I documenti in IRIS sono protetti da copyright e tutti i diritti sono riservati, salvo diversa indicazione.