In seinen späten Schriften neigt Schelling dazu, einen dynamischen Begriff der Idee anzusetzen, so werden in den Weltaltern die Ideen nicht etwa "als fertig vorhandene, ohne Bewegung daseyende und gleichsam stehende Formen" gedacht, "denn eben darum sind sie Ideen, daß sie ein ewig Werdendes und in unaufhörlicher Bewegung und Erzeugung sind" (SW VIII,290). Der Dynamisierung entspricht auch eine zunehmende "Depotenzierung" des Ideenbegriffs, denn "was existirt, ist außer der Idee" (SW XI,571). Das Fassungsvermögen der Ideen erweist sich also für Schelling als schlechthin unzureichend, das Wirkli-che in sich aufzunehmen; insofern können die Ideen nicht mehr als "das letzte Wort in der Philosophie" betrachtet werden. Der so umschriebene Mangel findet sich auch im Begriff der intellektuellen Anschauung wieder, die die Grenzen der reinen Ideen nicht zu überwinden vermag. Damit, daß Schelling in den Erlanger Vorträgen den Begriff der intellektuellen Anschauung durch den der Ekstase ersetzt, scheint er eine neue Perspektive zu eröffnen. Im Vollzug der Ekstase verläßt das Ich die Grenze des objektivierenden Denkens, um zum Bezugspunkt einer neuen Erfahrungsart zu werden.

Die Ekstase des Ichs und der Begriff der Idee beim späten Schelling

CUSINATO, Guido
2004-01-01

Abstract

In seinen späten Schriften neigt Schelling dazu, einen dynamischen Begriff der Idee anzusetzen, so werden in den Weltaltern die Ideen nicht etwa "als fertig vorhandene, ohne Bewegung daseyende und gleichsam stehende Formen" gedacht, "denn eben darum sind sie Ideen, daß sie ein ewig Werdendes und in unaufhörlicher Bewegung und Erzeugung sind" (SW VIII,290). Der Dynamisierung entspricht auch eine zunehmende "Depotenzierung" des Ideenbegriffs, denn "was existirt, ist außer der Idee" (SW XI,571). Das Fassungsvermögen der Ideen erweist sich also für Schelling als schlechthin unzureichend, das Wirkli-che in sich aufzunehmen; insofern können die Ideen nicht mehr als "das letzte Wort in der Philosophie" betrachtet werden. Der so umschriebene Mangel findet sich auch im Begriff der intellektuellen Anschauung wieder, die die Grenzen der reinen Ideen nicht zu überwinden vermag. Damit, daß Schelling in den Erlanger Vorträgen den Begriff der intellektuellen Anschauung durch den der Ekstase ersetzt, scheint er eine neue Perspektive zu eröffnen. Im Vollzug der Ekstase verläßt das Ich die Grenze des objektivierenden Denkens, um zum Bezugspunkt einer neuen Erfahrungsart zu werden.
2004
3772819125
Schelling; Platon; Ekstase; Idealismus; Materie; Idee; Anschauung.
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