Die Philosophie der Religion gilt nicht wenigen als das schönste Fach. Nur die Geschichte der Antiken Philosophie vermag sie zu übertreffen. Das lässt sich vielleicht dadurch erklären, dass Philosophen Geschichten lieben, wozu auch die biblische Erzählung zu zählen ist. Nun gilt für die Religionsphilosophie dasselbe wie für die Rechtsphilosophie. Denn so wie das Naturrecht die Bedingung der Möglichkeit aller Rechtsordnungen darstellt, so stellt der Gottesbegriff der spekulativen Theologie die Bedingung der Möglichkeit aller heiligen Schriften dar. Das ist im Falle des abrahamitischen Monotheismus offensichtlich, wobei der Begriff des einen Gottes die Grundlage für die Offenbarungsschriften von Juden, Christen und Moslems bildet. Der Punkt ist jedoch: Philosophen sind weder Juristen noch Theologen. Sie denken die Frage nach Gott, so wie Jens Halfwassen sie begreift: Weil sich die Phi- losophie ansonsten selbst aufgibt, wenn sie von dieser Frage ablässt. Dächten Phi- losophen wie Juristen, dann würden sie die Religion als Recht einer multireligiösen und multikulturellen Minderheit verstehen, wofür sich die gesetzgebende Gewalt ab einem bestimmten Datum eingesetzt hätte. Dächten sie wie Theologen, so würden sie auf die Übereinstimmung mit den jeweils kanonischen Büchern achten. Darum geht es aber nicht. Wenn die Philosophie die Frage nach Gott stellt, so geschieht dies zwar metatheoretisch, aber vor allem und gerade deswegen mit Blick auf das interreligiöse Gespräch. Dafür trägt die Philosophie Verantwortung. Sie darf nicht darauf verzichten, insofern die Bedingung aber für das Gespräch stellt: das Faktum der Vernunft. Darin ist die Philosophie nicht neutral. Es steht somit den Philosophen zu, die religionsphilosophischen Texte in einem interre- ligiösen und interkulturellen Sinne zu hinterfragen.

Philosophieren um den Gottesbegriff: Anmerkungen zum Beitrag von Jens Halfwassen

POZZO, Riccardo
2015-01-01

Abstract

Die Philosophie der Religion gilt nicht wenigen als das schönste Fach. Nur die Geschichte der Antiken Philosophie vermag sie zu übertreffen. Das lässt sich vielleicht dadurch erklären, dass Philosophen Geschichten lieben, wozu auch die biblische Erzählung zu zählen ist. Nun gilt für die Religionsphilosophie dasselbe wie für die Rechtsphilosophie. Denn so wie das Naturrecht die Bedingung der Möglichkeit aller Rechtsordnungen darstellt, so stellt der Gottesbegriff der spekulativen Theologie die Bedingung der Möglichkeit aller heiligen Schriften dar. Das ist im Falle des abrahamitischen Monotheismus offensichtlich, wobei der Begriff des einen Gottes die Grundlage für die Offenbarungsschriften von Juden, Christen und Moslems bildet. Der Punkt ist jedoch: Philosophen sind weder Juristen noch Theologen. Sie denken die Frage nach Gott, so wie Jens Halfwassen sie begreift: Weil sich die Phi- losophie ansonsten selbst aufgibt, wenn sie von dieser Frage ablässt. Dächten Phi- losophen wie Juristen, dann würden sie die Religion als Recht einer multireligiösen und multikulturellen Minderheit verstehen, wofür sich die gesetzgebende Gewalt ab einem bestimmten Datum eingesetzt hätte. Dächten sie wie Theologen, so würden sie auf die Übereinstimmung mit den jeweils kanonischen Büchern achten. Darum geht es aber nicht. Wenn die Philosophie die Frage nach Gott stellt, so geschieht dies zwar metatheoretisch, aber vor allem und gerade deswegen mit Blick auf das interreligiöse Gespräch. Dafür trägt die Philosophie Verantwortung. Sie darf nicht darauf verzichten, insofern die Bedingung aber für das Gespräch stellt: das Faktum der Vernunft. Darin ist die Philosophie nicht neutral. Es steht somit den Philosophen zu, die religionsphilosophischen Texte in einem interre- ligiösen und interkulturellen Sinne zu hinterfragen.
2015
9783110441291
Immanuel Kant, G.F. Meier, Metaphysik
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